Robotic Process Automation mit Blue Prism

Ein Gastbeitrag der Studierenden Sebastian Weiss und Moussa El Kakouchi.

Viele Geschäftsprozesse in Unternehmen werden durch eine Vielzahl von einfachen manuellen Tätigkeiten wie der Eingabe, Ausgabe oder dem Sammeln von Daten dominiert. Vor allem bei Prozessen des operativen Tagesgeschäfts, bei denen keine Expertenentscheidung notwendig ist und die regelmäßig durchgeführt werden, eignet sich aufgrund der hohen Einführungskosten klassisches Business Process Management oft nicht. An diesem Punkt setzt die Robotic Process Automation als neuartiger Automatisierungsansatz an.

In der Veranstaltung ABPM – Advanced Business Process Management im Wintersemester 2019/20 an der Hochschule Mannheim wurde unter der Leitung von Professor Dr. Michael Gröschel eine Reihe von Software-Tools für die robotergesteuerte Prozessautomatisierung (Robotic Process Automation, RPA) untersucht. Die Schwerpunkte der Untersuchung lagen dabei insbesondere auf dem Funktionsumfang und der Nutzbarkeit der einzelnen Tools. Dieser Beitrag soll die Anwendung von RPA durch das Tool des Unternehmens Blue Prism Group vorstellen und im Anschluss eine Bewertung auf der Basis ausgewählter Kriterien vornehmen.

Robotic Process Automation

Bei der Robotic Process Automation werden Softwareroboter konfiguriert und trainiert, um die einzelnen, zuvor manuell durchgeführten, Schritte eines Geschäftsprozesses automatisiert auszuführen. Die Softwareroboter kommunizieren mit externen Anwendungssystemen lediglich über die Benutzerschnittstellen, sodass keine Systemanpassungen und keine zusätzlichen Schnittstellen benötigt werden. Im Fokus stehen beim RPA insbesondere solche Prozesse, die eine Vielzahl von einfachen manuellen Tätigkeiten beinhalten und sich durch eine Reihe eindeutiger Geschäftsregeln formalisieren lassen. Die Prozessautomatisierung durch RPA führt dabei zu einer Reihe von Vorteilen für das Unternehmen, wozu insbesondere die folgenden Aspekte gehören:

  • Kosteneinsparungen in der Prozessausführung (z.B. durch eingesparte Personalkosten)
  • Gesteigerte Qualität in der Ausführung (z.B. durch kürzere Durchlaufzeiten)
  • Umfassendes Monitoring (z.B. zum Nachweis der Compliance)
  • Vermeidung menschlicher Fehler (z.B. durch Unachtsamkeit)

Blue Prism als Werkzeug

Zur Automatisierung eines Prozesses muss dieser zunächst über Flussdiagramme in Blue Prism abgebildet werden. Die Erstellung der Flussdiagramme erfolgt in der Komponente Process Studio über grafische Drag- und Drop- Oberflächen und setzt kein ausgeprägtes IT-Wissen des Nutzers voraus.

Process Studio in Blue Prism (Quelle: eigene Darstellung)

Die einzelnen Prozessschritte („stages“) werden durch grafische Elemente abgebildet und durch Sequenzflüsse in die auszuführende Reihenfolge gebracht. Zusätzlich können für repetitive Aufgaben Schleifen bzw. für Entscheidungen Verzweigungen in das Modell eingebaut werden.

Um die Kommunikation des Roboters mit externen Anwendungssystemen (z.B. ERP-System, Mail-Server, MS-Office) zu ermöglichen, müssen zusätzlich Schnittstellen zu diesen Systemen definiert werden, die sogenannten Business-Objekte. Auch die Business-Objekte werden über eine grafische Benutzeroberfläche in der Komponente Object Studio definiert. Dazu müssen die relevanten Elemente der Benutzeroberflächen der Anwendungssysteme in den Business-Objekten abgebildet werden. Für jedes Business-Objekt kann eine Menge von Systemaktionen definiert werden, zum Beispiel wären die Anmeldung eines Nutzers, der Klick auf einen Button oder das Einfügen von Text in ein Eingabefeld jeweils einzelne Aktionen.

Bewertung

  • Konfiguration der Roboter: Für den Aufbau und das Training der Roboter werden keine vertieften Programmierkenntnisse benötigt. Das Tool lässt sich hauptsächlich über grafische Benutzeroberflächen mit Drag- and Drop-Bedienung steuern. Die Verwendung eigener Skripte ist möglich, jedoch optional.
  • Nachweis der Systemschritte: Alle Aktivitäten der einzelnen Roboter in allen Prozessinstanzen werden detailliert aufgezeichnet und zu Aktivitätsprotokollen zusammengefasst. Diese Protokolle erlauben die lückenlose Rückverfolgung aller Prozessschritte und können als Compliance-Nachweise verwendet werden.
  • Umfassendes Monitoring: Über ein integriertes Kontrollpanel können die Aktivitäten der Roboterinstanzen in Echtzeit überwacht werden. Zusätzlich können die aktiven Roboterinstanzen dynamisch nach oben oder unten skaliert werden, in Abhängigkeit von den anfallenden Prozessen.
  • Schulungsaufwand: Die Nutzung des Tools erfordert eine umfassende Einarbeitungszeit für den Anwender. Die Autoren haben beide jeweils 1-2 Tage mit der Einarbeitung verbracht, mussten bei der nachfolgenden Prozessmodellierung dennoch viele Aspekte separat recherchieren.
  • Benutzerführung: Die Benutzerführung durch das Tool ist nur in Teilen intuitiv gestaltet und erscheint teilweise verwirrend. Sehr häufig fehlt eine logische Nutzerführung bei der Roboterkonfiguration und verwendete Begriffe müssen separat recherchiert werden, weil Erläuterungen im Tool fehlen.
  • Fehlermeldungen: Die Autoren haben bei der Prozessmodellierung und dem -testen wiederholt eine Reihe von Fehlermeldungen erhalten, die häufig für den Nutzer, insbesondere für Business-Anwender, unverständlich sind. Die Recherche im Internet zeigte, dass andere Nutzer teilweise ähnliche Fehler erhalten hatten, Korrekturmaßnahmen waren allerdings häufig nicht vorhanden.
  • Lizensierungskosten: Zum Testen des Tools bietet die Blue Prism Group potentiellen Kunden eine 30-tägige Trial-Version, welche umfangreiche Funktionalitäten, jedoch keinen Support bietet. Nimmt man als Unternehmen individuelles Angebot des Anbieters an, ist mit finanziellen Aufwänden von etwa 18.000$/Jahr zu rechnen. Solch ein Angebot inkludiert ausführliches Schulungsmaterial, persönlichen Support sowie eine uneingeschränkte Cloud-Nutzung.

Fazit

Das Tool von Blue Prism ist sehr umfangreich und kann nach Einschätzung der Autoren bei entsprechender Schulung der Anwender einen hohen Mehrwert für Unternehmen erbringen. Insbesondere die umfassende Aufzeichnung von Systemschritten zeichnet Blue Prism aus und ist bei vielen anderen RPA-Lösungen nur in wesentlich geringerem Umfang vorhanden. Dennoch wäre es wünschenswert, die Benutzerführung intuitiver zu gestalten, wozu insbesondere die grafische Oberfläche überarbeitet werden müsste. Daraus könnte eine Reduzierung des Schulungsaufwand der Anwender resultieren und somit die initialen Einführungskosten reduziert werden. Konkurrierende Werkzeuge wie UiPath oder Automation Anywhere sind hierbei deutlich weiter fortgeschritten.

Eine Antwort zu “Robotic Process Automation mit Blue Prism

  1. Pingback: Automation Anywhere – Schnelle Einarbeitung in RPA? | E-Business·

Hinterlasse einen Kommentar